Hannah S. Moser
Hannah Moser vertraut in ihrer künstlerischen Arbeit auf die Kraft des Systemdenkens. Ihr Blick richtet sich auf die verborgenen kybernetischen Strukturen, die das Denken, Handeln und Zusammenleben prägen – in Netzwerken des Lernens, der Kultur, der Kunst und des Lebens selbst. Ihre Kunst versteht sie als Werkzeug der Erkenntnis. Sie macht geistige Prozesse sichtbar, durchdringt sie und eröffnet Räume für Einsicht, Wandel und schöpferische Transformation. Ihre Arbeiten laden dazu ein, sich von kollektiven Erwartungen zu lösen, eigene Fragen zu stellen und etwas Eigenes zu entdecken und daraus persönliche Lehren zu ziehen – nicht allgemeingültige.
- Künstlerstatement
- Werke
- CV
- Ausstellungen (Auswahl)
- Preise/Auszeichnungen
- Stipendien
- Arbeiten in öffentlichem Besitz

Thematisch erforscht sie, wie sich Natur, Stadt, Alltag, Spiritualität und Weltbezüge in unseren Wahrnehmungen und Denkstrukturen spiegeln. Im Zentrum steht eine Erkenntnislehre der Lebenskunst und des Lebenssinns – offen, nicht dogmatisch. Ihre Kunst schafft Denk- und Erfahrungsräume, in denen persönliche Einsichten möglich werden und kollektive Muster hinterfragt werden
Künstlerstatement
Meine künstlerische Arbeit ist ein Erkenntnisprozess, der sich einer kybernetischen Betrachtung von Welt und Selbst widmet. Dabei verstehe ich Kybernetik nicht nur als Lehre der Regelkreise und Rückkopplungen, sondern als Denkweise, die Lernen, Wahrnehmung und Transformation als dynamische Prozesse innerhalb komplexer Systeme begreift. In meiner fotografischen Praxis arbeite ich mit Spiegelungen, Metaebenen, kybernetischen Lernstrukturen und strukturellen Übergängen höheren Ordnung – Übergängen, in denen sich Wahrnehmung, Denken und innere Modelle neu organisieren. Ziel ist es, verborgene Muster sichtbar zu machen: in der Natur, in urbanen Räumen und in den inneren Landschaften des Menschen. Kunst ist für mich ein Werkzeug der Lebenskunst – ein Medium, das Räume für Einsicht, Wandel und schöpferische Selbstreflexion eröffnet.
In Werkgruppen wie Mixed Signals and Little Miracles oder Serien wie Through the Lens untersuche ich, wie sich äußere Wahrnehmung in innere Modellbildung verwandelt. Spiegelungen sind dabei zentrale Elemente meiner Bildsprache – sie eröffnen visuelle Architekturen, die zur kontemplativen Betrachtung einladen und eine tiefere Durchdringung der Realität ermöglichen. Ein wiederkehrendes Prinzip ist die „geordnete Komplexität“: Kompositionen, in denen jede Stelle zählt und die den Betrachter dazu einladen, seine eigenen inneren Landschaften zu erkunden. Die Fotografie wird so zum Denkraum – ein Medium der Selbstreflexion und Erkenntnis.
Meine Arbeiten bewegen sich im Spannungsfeld zwischen philosophischen, mythologischen und wissenschaftlichen Betrachtungen. Projekte wie Pathway of Light thematisieren die Wege des Lichts durch die Kameraoptik und eröffnen meditative Räume, in denen sich die zehntausend Dinge des Dao, subjektive Wahrnehmung und kollektive Muster begegnen. Ich untersuche, wie kulturelle, religiöse und wissenschaftliche Idealisierungen unsere Freiheit beeinflussen – und wie Kunst helfen kann, sich von diesen Prägungen zu lösen, um eigene Wege zu finden.
Meine künstlerische Praxis ist prozessorientiert und dialogisch. Sie entfaltet sich im Austausch zwischen Werk, Welt und Betrachtenden – nicht als Vermittlung fertiger Antworten, sondern als Einladung zum Fragenstellen. Diese Fragen berühren persönliche, existenzielle und mitunter unbequeme Denkbewegungen. Fotografie ist für mich nicht bloß Bild, sondern ein beweglicher Denkraum – ein Resonanzfeld, in dem Wahrnehmung, Reflexion und Transformation möglich werden. Ich vertraue auf die individuelle Kraft des offenen Denkens und der schöpferischen Selbstreflexion, die sich in eine eigene Sicht der Dinge verwandeln kann.
Ich arbeite überwiegend mit Schwarz-Weiß-Fotografie, um eine abstrahierte, analytische Bildsprache zu entwickeln. Spiegelungen sind dabei ein zentrales Mittel meiner künstlerischen Forschung – nicht als dekoratives Element, sondern als Schnittstelle zwischen Wahrnehmung und Konstruktion. Sie eröffnen Zwischenräume, in denen sich Realität, Identität und innere Struktur überlagern. In diesen visuellen Übergängen wird das scheinbar Zufällige gleichzeitig sichtbar. Die Fotografie als Momentaufnahme bietet mir die Möglichkeit, das Bild in Ruhe zu betrachten und in einen Dialog mit ihm zu treten. So kann eine innere Ordnung entstehen, die Überforderung ablöst und Struktur erfahrbar macht. Dieser Prozess kann das Individuum stärken – durch die Möglichkeit, sich selbst im Bild zu verorten und neue Perspektiven zu entwickeln. Meine fotografischen Serien entstehen als visuelle Essays, die dokumentarische Präzision mit poetischer Tiefe verbinden. Dabei entwickle ich eine eigene Handschrift, die sich aus systemischem Denken, künstlerischer Reflexion und einer offenen Erkenntnislehre speist.
Werke
Werkgruppe: Pathway of Light – Wege des Lichts
Pathway of Light ist eine seit 2015 fortlaufende Werkgruppe, die sich der fotografischen Erforschung von Komposition und Licht widmet. Die Bilder entstehen in bewusster Auseinandersetzung mit Proportionen, Achsen und Bildfeldern, die Spannung und Balance erzeugen. Lichtpunkte und Reflexionen fungieren als visuelle Anker und energetische Zentren.
Die Werkgruppe reflektiert die Grenzen des Sehens. Viele der gezeigten Phänomene – Lichtspuren, Überlagerungen, Bokeh-Kreise – sind ohne Kamera nicht sichtbar und werden hier zum zentralen Motiv. Erst durch das technische Medium werden diese „Lichtkörper“ in den Linsen des Objektivs erfahrbar. Pathway of Light fragt, was jenseits des bloßen Augenscheins liegt und wie Technik unseren Blick erweitert, formt und innere Wirklichkeit sichtbar macht.
Innerhalb der Serien der Werkgruppe entfalten sich unterschiedliche ästhetische Qualitäten – von impressionistischen Unschärfen über Bokeh-Kompositionen bis hin zu Fotografien mit auratischer Ausstrahlung. Manche Bilder erinnern an Malerei, andere lösen das Motiv vollständig auf und verwandeln Licht in rhythmische Kreise. Diese Überlagerungen wirken wie visuelle Partituren, in denen Licht selbst zur Form wird. Im Gegensatz zu Walter Benjamins Vorstellung von Aura als Eigenschaft des Originals entsteht hier Aura nicht durch Einmaligkeit, sondern durch Intensität der Wahrnehmung – flüchtig, relational und reproduzierbar.
Die Fotografien bieten keine fixen Punkte, sondern Felder aus Licht und Unschärfe, die das Auge zum Wandern einladen. Licht wird zum Informationsmedium, zur Botschaft, die innere Modelle der Welt bestätigt oder infrage stellt. Wie im Yoga der Atem zur Brücke zwischen Innen und Außen wird, öffnet auch das Licht in dieser Serie einen Weg zur Wahrnehmung. Pathway of Light gibt keine Antworten, sondern eröffnet Möglichkeitsräume. Es lädt dazu ein, im scheinbar Vertrauten neue Perspektiven zu entdecken und die eigene Wahrnehmung als schöpferischen Akt zu begreifen.
Aura 2015



Werkgruppe: Mixed Signals and Little Miracles
Mixed Signals and Little Miracles ist eine Werkgruppe, die ich 2018 initiiert habe und die seither einen zentralen Bestandteil meiner künstlerischen Praxis bildet. Ausgangspunkt war die Frage, wie sich Wahrnehmung, Realität und Identität in einer Welt konstituieren, die von Signalen, Einflüssen, Störungen, Urteilen und Spiegelungen durchdrungen ist.
Spiegelungen sind dabei kein dekoratives Element, sondern ein wesentliches Instrument meiner künstlerischen Forschung. Sie fungieren als Schnittstellen zwischen Wahrnehmung und Konstruktion und eröffnen Zwischenräume, in denen sich Realität, Identität und innere Struktur überlagern und neu formieren.
Meine fotografische Arbeit verstehe ich als Erkenntnisprozess: Das scheinbar Zufällige wird geordnet, das Verborgene sichtbar gemacht. Die Kamera dient mir dabei als Werkzeug der Verdichtung – nicht der Apparat steht im Mittelpunkt, sondern die Entscheidung darüber, was sichtbar werden soll.
In diesem Prozess verbinden sich ästhetische, philosophische und systemische Fragestellungen zu einem Raum, in dem neue Sichtweisen entstehen können – ein Raum, der das Individuum stärkt und zur Reflexion einlädt.
Das erste Bild, mit dem die Werkgruppe ihren Anfang nahm, ist die Arbeit Die Welt aus den Fugen. Sie gehört keinem Zyklus an, markiert aber den Moment, in dem mein Entdeckergeist neu entfacht wurde – vergleichbar mit der kindlichen Neugier, Dinge verstehen zu wollen. Diese Unbefangenheit war mir längst abhandengekommen, doch die Arbeit eröffnete mir einen neuen Blick auf die Welt.

Ich erkannte, wie sehr die Routinen des Alltags den Blick auf das Besondere verstellen können – und wie schwer es fällt, einen klaren Fokus zu setzen. Die Arbeit wurde für mich zum Ausgangspunkt eines künstlerischen Prozesses, der Wahrnehmung neu ordnet und das Staunen zurückbringt.
Die folgenden drei Zyklen eröffnen unterschiedliche Perspektiven auf Transformation und Beobachtung:
- Zyklus I (Observation Deck, Perception in Transition, Observation in Transition) widmet sich urbanen Räumen und deren fragmentierter Wahrnehmung.
- Zyklus II (Through the Lens, Looking Through the Lens, Looking at Myself Through the Lens) richtet den Blick auf Selbstbeobachtung, mediale Spiegelungen und die Konstruktion von Identität.
- Zyklus III (Uncertain Horizons, Creating Identity) erweitert die Werkgruppe um Fragen nach Natur, inneren Strukturen und Identität im digitalen Zeitalter – mit einem offenen Blick für Zukunft, kybernetische Prozesse und gesellschaftliche Transformation.
Mixed Signals and Little Miracles ist für mich eine offene, sich stetig weiterentwickelnde Werkgruppe. Sie verbindet Kunst, Philosophie und systemisches Denken und stellt die Frage, wie wir Realität konstruieren – und immer wieder neu rekonstruieren.
In einer Welt voller Reizüberflutung und Unsicherheit suche ich nach Momenten der Klarheit, des Staunens und der Verbindung. Die Werkgruppe eröffnet Bildräume, in denen individuelle Perspektiven gestärkt und neue Zugänge zur Welt ermöglicht werden.
Sie bleibt bewusst offen für neue Zyklen und Sichtweisen – als visuelles Labor zwischen Chaos, Muster und Struktur.
Observation Deck, 2018







Perception in Transition, 2019






Uncertain Horizons, 2024








CV – Hannah S. Moser
Geb. 20.07. 1990 in Speyer
2007 – 08 High School Year – Idaho Falls High School – Idaho, USA
2008 – 11 Friedrich List Schule (Wirtschaftsgymnasium)
2011-2012 Vorstudium und Orientierungsjahr Bildende Kunst
2012 – 18 Studium an der Kunsthochschule Mainz
2012 -2013 bei Prof. Thomas Schmidt und Heike Aumüller (Basisklasse)
2013- 2018 bei Prof. Judith Samen (Fachklasse für künstlerische Fotografie)
2018 Diplom Freie Bildende Kunst
Ausstellungen (Auswahl)
2018 NEXUS-Ray Masterclass | Ray Fotofestival Frankfurt,
MMK 3, Frankfurt am Main (G)
2021 Studies from the Observation Deck (E)
Haus der Fotografie, Koblenz
Therme am Viehmarkt, Trier
2022/23 Eröffnungsausstellung des Showrooms der Overhead Gallery, Münster (G)
2023 Vor Ort | Mannheimer Kunstverein, Mannheim (G)
2024 Square of Opposition | Galerie Hafemann, Wiesbaden (G)
Preise/Auszeichnungen
2019 Dr. Berthold Roland Fotokunstpreis, der Ike und Berthold Roland-Stiftung
Stipendien
2021 Projektförderung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden Württemberg
2022 Neustart Kultur Stipendium 2.Auflage, Stiftung Kunstfond
Arbeiten in öffentlichem Besitz
Buchedition: Perception in Transition und Bildedition: Perception in Transition VI ,2019 (Generaldirektion kulturelles Erbe Rheinland Pfalz)